Hans Thoma

Hans Thoma als einen begeisterten Anhänger von Kolonien und aktiven Kolonialpropagandisten zu beschreiben, wäre höchstwahrscheinlich zu weit gegriffen. An ihm zeigt sich aber exemplarisch die Wirkmächtigkeit kolonialer Diskurse: nicht alle Karlsruher*innen waren eifrige Kolonialverfechter*innen, wie es beispielsweise Theodor Rehbock war. Eine große Anzahl von Menschen befürwortete allerdings grundsätzlich den Besitz von Kolonien und war gelegentlich auf kolonialen Veranstaltungen präsent oder reproduzierte selbst koloniales Wissen.

Der Name des berühmten Karlsruher Künstlers taucht immer wieder im Zusammenhang mit kolonialen Aktivitäten auf, wenn auch meistens nicht federführend, sondern nur teilnehmend. Thoma pflegte eine enge Beziehung zu Adolf von Oechelhäuser (Stadtarchiv Karlsruhe 8/ZGS Personen – Zeitgeschichte; StadtZeitung 06.09.2002) und trat mit diesem beispielsweise zusammen in einem Ehrenkomitee anlässlich einer ethnographischen Ausstellung der Basler Mission auf. Sie enthielt Darstellungen des „Lebens und Treibens der Eingeborenen aus den vier Ländern, in denen die Basler Mission arbeitet (Goldküste, Kamerun, Indien und China)“ (Stadtarchiv Karlsruhe 4/Dq1 Chronik 1910:175). Auch war er maßgeblich an den beiden Künstlerfesten „Drei Tage im Morgenland“ 1901 und der „Weltausstellung“ in Karlsruhe beteiligt, die auch Kolonialorte parodierten. Auf ihn mag zutreffen, was Hoepke et al. über die Karlsruher Professorenschaft schreiben (2007:88):

„Im Großen und Ganzen schwamm die Karlsruhe Professorenschaft mit einem breiten Strom, der die deutsche Gelehrtenwelt insgesamt in den 1880er Jahren zu erfassen begann: Immer mehr Professoren schrieben sich mehr oder minder vernehmbar eine nationalpädagogische Berufung zu. Liberal-konservative Anliegen mit anscheinend unpolitischen und vermeintlich überparteilich-patriotischen Inhalten fanden auch unter den Karlsruher Professoren ein beifälliges Echo.“

Es gehörte also zum „guten Ton“, sich national zu engagieren. Teil davon war, sich bei kolonialen Festen, Veranstaltungen und Vorträgen sehen zu lassen. Auch wenn sich nicht herausfinden lässt, wie stark Thoma den Kolonialismus befürwortete, ist er ein Beispiel dafür, wie normal und gängig es auch in Karlsruhe war, sich zumindest im Kleinen kolonial zu engagieren oder koloniale Themen immer wieder aufzugreifen und zu verarbeiten.