Antrag von Bündnis 90/Die Grünen auf Straßenumbenennung

2010 stelle die Partei Bündnis 90 / Die Grünen einen Antrag auf Umbenennung der Lüderitzstraße, Wißmannstraße und Treischkestraße. Darüber berichtete die BNN im Jahr 2010. Letztendlich kam es nicht zur Umbenennung, sondern die Straßennamen wurden um kritische Tafeln ergänzt.

Die Begründung war letztendlich, dass man historische Personen und Dokumente nicht mit heutigen Maßstäben messen könne und dass es schwierig sei zu entscheiden, wann eine Person nicht mehr ehrungswürdig sei. Letztendlich sollen die kritischen Tafeln die umstrittenen Straßennamen und ihren historischen Kontext erklären. Im Zuge dessen hat auch das Stadtarchiv Karlsruhe einen Leitfaden zur Erinnerungskultur in Karlsruhe herausgegeben. 

Aus kritischer Perspektive scheint die Argumentation sehr schwach: zum einen sind Straßennamen eindeutige Zeichen der Ehrung – betreffende Personen wurden durch die Straßennamensgebung gerade für die heute als kritisch erachteten Punkte geehrt. So wurde die Wissmannstraße deshalb nach Wissmann benannt, um ihn für seinen Einsatz im deutschen Kolonialreich zu ehren und auch Carl Peters wurde mit dem Straßennamen für sein koloniales Vorgehen geehrt. Wenn sich die Stadtverwaltung also heute, wie im Artikel erwähnt, fragt, ab wann eine Person ehrungsunwürdig sei, sollte sie sich zunächst fragen, wofür diese Person sonst geehrt werden könnte. Auch die Aussage, man könne nicht die gleichen Maßstäbe gelten lassen, ist extrem schwach: auch zu Kolonialzeiten gab es durchaus sehr kritische Auseinandersetzungen mit dem Kolonialismus. Dass Wissmann und Peters sich für die Kolonisation einsetzten, war also keine determinierte Naturgegebenheit. Zum anderen wird vorgebracht, dass man durch die kritischen Tafeln unter den Namen eine Einordnung zulassen würde. Eine kritische Aufarbeitung der Geschichte sollte allerdings durch Bildungseinrichtungen wie beispielsweise Museen, Archive oder Universitäten erfolgen, wo eine echte Auseinandersetzung und Einordnung stattfinden kann. Dass Straßennamen neuerdings zur Volksaufklärung dienen, ist ein Argument, das wohl nur auf bestimmte Straßen zutrifft. Auch wenn, wie im „Leitfaden zur Erinnerungskultur in Karlsruhe“, geschrieben wird, dass „es […] durchaus der Fall sein [kann], dass allein schon aufgrund des Umfangs des gruppenbezogenen menschenfeindlichen Handelns einer Person nur die Option der Umbenennung der Straße bleibt“ (S.10), stellt sich die Frage, was beispielsweise Heinrich von Treischke noch hätte tun müssen, damit dieser Fall auf ihn zutrifft (immerhin prägte er den Ausdruck „die Juden sind unser Unglück“). Letztendlich scheint es, als würde im Artikel das eigentlich ausschlaggebende Argument zum Schluss genannt: Anwohner*innen waren gegen eine Umbenennung, da diese für sie mit Kosten und Aufwand verbunden war.